"Schwere Kämpfe in den deutschen Kolonien". Schlagzeile der Dortmunder Zeitung vom 08. Oktober 1914. Über die militärische Lage an der Südfront wurden die Dortmunderinnen und Dortmunder nahezu täglich in den Tageszeitungen (des)informiert.

"Schwere Kämpfe in den deutschen Kolonien". Schlagzeile der Dortmunder Zeitung vom 08. Oktober 1914. Über die militärische Lage an der Südfront wurden die Dortmunderinnen und Dortmunder nahezu täglich in den Tageszeitungen (des)informiert.

Erster (Kolonial-) Weltkrieg: Die Kriege im “kolonialen Raum”

Auf Kaffee und Früchte aus den deutschen Kolonien konnte man in Dortmund zu Kriegsbeginn 1914 verzichten und auch für Soja, seit 1912 über den Dortmund-Ems-Kanal als Futtermittel aus Indien für die industrielle Schweinemast in Dortmund importiert, gab es Ersatz. Doch Dortmunder Industrieunternehmen waren bereits vor 1914 “Global Player” und ohne Importe von zum Beispiel Asbest aus Südafrika fehlte “Phoenix” rasch kriegswichtiges Material zur Wärmedämmung für den Schiffsbau. Erdöl, Eisenerz und andere strategisch wichtige Rohstoffe waren notwendig für Industrieproduktion und Kriegsführung, lagen aber in französischen, britischen oder russischen Einflußzonen.

Titelbild aus „Kolonie und Heimat“. Unterzeile: "Von vielen Stämmen in mancherlei Tracht, In vielen Farben und Zungen, Wird heute Dir ein Hoch gebracht".  So stellte es sich die deutsche Kolonialpropaganda vor: Die Völker der Erde huldigen Kaiser Wilhelm II. und treten auf Seiten des Deutschen Reichs in den antikolonialen Krieg gegen Frankreich und Großbritannien ein.

Titelbild aus „Kolonie und Heimat“. Unterzeile: "Von vielen Stämmen in mancherlei Tracht, In vielen Farben und Zungen, Wird heute Dir ein Hoch gebracht". So stellte es sich die deutsche Kolonialpropaganda vor: Die Völker der Erde huldigen Kaiser Wilhelm II. und treten auf Seiten des Deutschen Reichs in den (Heiligen) Krieg gegen Frankreich und Großbritannien ein.

Der Erste Weltkrieg fand nicht nur an Westfront und Ostfront statt sondern wurde rasch zu einem weltumspannenden Krieg, in dem es aus deutscher Sicht auch um gegnerische Truppenbindung an außereuropäischen Kriegsschauplätzen, um Rohstoffsicherung und globale Transportwege ging: Der Krieg an der  “Südfront”, hier als Synomym für die außereuropäischen Kriegsschauplätze genutzt. Allein schon ein Blick in die Dortmunder Tageszeitungen ab 1914 zeigt, dass beinahe täglich über den Kriegsverlauf an der “Südfront” berichtet wurde: Der Vorstoß in Nordfrankreich stand unmittelbar neben den Berichten über die militärische Verteidigung Tangas (Deutsch-Ostafrika), die Lage am Suez-Kanal wurde erörtert, die Erfolge deutscher U-Boote am Ausgang des Senegal-Flusses gefeiert, die Kriegserklärung Afghanistans gegen Rußland erhofft, über den Krieg der Rif-Kabylen in Marokko berichtet usw. Nie zuvor wurde man in Dortmunder Tageszeitungen so reichhaltig über Afrika und Asien informiert und desinformiert, wie in den Zeiten der Militärzensur.

An der “Südfront” kooperierte das Deutsche Reich mit muslimischen Staatsmännern und religiösen Würdenträgern, um die islamischen Gebiete zu revolutionieren, die von den gegnerischen europäischen Staaten in kolonialer Abhängigkeit gehalten wurden. Mit dem ausgerufenen “Heiligen Krieg” versuchte das Deutsche Reich die Kriegsgegner zu schwächen.

In allen Dortmunder Tageszeitungen wurde über die Ausrufung des Jihad mit Begeisterung berichtet. Die Arbeiter-Zeitung, Sozialdemokratisches Organ für das östliche industrielle Ruhrgebiet, berichtet am 16.11.1914 über die Abschlußkundgebung vor der deutschen Botschaft in Konstantinopel: “Der Sieg werde hoffentlich für die Türkei und den Islam eine neue Aera des Glückes herbeiführen. Der Botschafter schloß mit einem Hoch auf den Islam, sowie auf Herr und Flotte der Osmanen. Rasim Bei stellte daraufhin die freigelassenen Algerier vor (die aus dem Kriegsgefangenenlager Sennelager freigelassen und von der deutschen Regierung nach Konstantinopel gebracht wurden), von denen einer in einer arabischen Ansprache ausdrückte, es sei die Hoffnung aller Mohammedaner, mit Hilfe der Verbündeten das Joch Frankreichs, Englands und Rußlands zu zersprengen.” Die Allianz mit dem Bündnispartner Osmanisches Reich führte dazu, dass auch in Dortmund Spenden für den “Roten Halbmond” gesammelt wurden, türkischer Honig auf Kinderfesten mit Solidaritätsaufschlägen verkauft wurde und evangelische Frauenhilfen und Missionsgruppen sich mit dem “Leben und Treiben türkischer Frauen” beschäftigten.

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Verwendete Quellen:

Salvador Oberhaus: “Zum wilden Aufstande entflammen”. Die deutsche Propagandastrategie für den Orient im Ersten Weltkrieg am Beispiel Ägypten. Saarbrücken 2007

Jörn Leonhard: Die Büchse der Pandora. Geschichte des Ersten Weltkriegs. München 2014

Christian Koller: “Von Wilden aller Rassen niedergemetzelt”. Die Diskussion um die Verwendung von Kolonialtruppen in Europa zwischen Rassismus, Kolonial- und Militärpolitik (1914-1930). Stuttgart 2001

Arbeiter-Zeitung, Dortmund, 1914

Jahresberichte der Handelskammer Dortmund 1878-1918

Kirchlicher Anzeiger für die evangelische Synode Dortmund, 1914-1918

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